LIGABlatt-Chefredakteur Fatih Şenel hat am vergangenen Freitag mit Rafael Hoffner (Sport-IT-Innovationen) von 1899 Hoffenheim auf der Trainerbank in der Rhein-Neckar-Arena über das Thema "Digitalisierung im Fußball" gesprochen. Lesen Sie nur auf LIGABlatt, wie weit die Digitalisierung bereits den Fußball und die Spieler getroffen hat.
Hallo Herr Hoffner! Bevor wir mit dem Interview loslegen, können Sie bitte Ihre Funktion und ihre Aufgaben kurz vorstellen?
Ich bin seit Januar 2009 bei 1899 Hoffenheim. Ich vereine hier die Welten Sport, Innovationen und Technik. Diese Welt ist enorm komplex und hier benötigt man eine Schnittstellenfunktion. Ich muss also in erster Linie den Trainer verstehen und im weiteren Schritt mit dem klassischen Programmierer zusammenarbeiten. Die digitale Aufbereitung der Sache obliegt dann dem Programmierer. Ich fungiere beim Klub ferner als technischer Berater, wenn es zum Beispiel um die Realisierung von Internetprojekten geht.
Darüber hinaus bereiten wir schon unsere Jugendspieler der Altersklasse U12 auf die Schnelligkeit hin. Wer nicht schnell denken kann, kann auch nicht schnell Fußball spielen. Es geht darum, die kognitiven Fähigkeiten unserer Sprösslinge auszubauen. Hier benötigen wir eine große Rechenleistung und digitale Tools. Das alles passiert in unserem Innovationspark, quasi wie in einem Computerspiel. Hinterher können wir sehen, wie sich die Bewegungsabläufe der Spieler deutlich verbessern. Die Jungs haben großen Spaß und parallel verbessern sich ihre kognitiven Fähigkeiten. Für uns ist die Schaltzentrale, also das Gehirn der Spieler, das A und O.
Wie positioniert sich denn ein Bundesligist wie Hoffenheim zum Thema Digitalisierung?
Für uns ist die Digitalisierung neben dem Sport sehr hoch angesiedelt. Es ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren, die wir mit viel Elan vorantreiben. Wir arbeiten mit unserem Hauptsponsor SAP zusammen und begegnen seit Jahren dieser digitalen Welt. All die unzähligen Daten die anfallen, werden mit einem SAP-Tool verarbeitet. Wir sind federführend dabei, die vielen Daten auf den Punkt zu bringen. Somit kann der Trainer mit einem Blick auf einem Cockpit sehen, ob ein Spieler fit ist oder nicht. Dementsprechend kann er Aufgaben oder Trainingsmaßnahmen gezielt und individuell verteilen. Wir möchten alle Spieler auf den gleichen Leistungsstand bringen, sodass alle topfit sind.
Das klingt gut, aber die SAP bedient ja mit ihrem Tool nahezu alle Bundesligisten und ist gleichzeitig ihr Sponsor. Haben Sie weitere Ziele mit dem Global Player?
Die Daten werten wir mit SAP-Tools aus. Die SAP ist unser auch hier unser Entwicklungspartner. Ohne diese Technologie können wir dies alles gar nicht so groß auffahren. Wir spielen professionellen Fußball und die SAP weiß dank uns, worauf es eben im Fußball ankommt. Hier treffen zwei Welten aufeinander und ich muss mit meiner Schnittstellenfunktion alle glücklich machen. Heute bedient die SAP durch unsere erfolgreiche Case Study sogar die Nationalmannschaft.
Und welche Chancen oder Möglichkeiten erhoffen Sie sich dabei? Ist vielleicht sogar die Europa League drin?
Mit Hilfe von nützlichen digitalen Tools können wir Spiele ganz anders analysieren. Wir können die Leistungen der Spieler optimieren. Es wäre ja ein Erfolg, wenn wir hinterher sogar auf einem Europa-League-Platz stehen würden.
Glauben Sie, dass Big Data die Mannschaftsleistung steigern kann?
Absolut! Alleine mit der Gesamtsammlung der Daten und die Einzelanalyse erhalten wir ein komplettes Bild von Spielern. Früher hatten wir nur subjektive Beurteilungen. Diese kamen von Trainern oder Co-Trainern. Wir haben die Spieler mit digitalen Tools gläsern werden lassen und können sie nun effektiver sowie gesünder machen. Aber auch abseits des Platzes sehen wir Erfolge. Wir setzen die digitalen Tools wie bereits gesagt ab der Altersklasse U12 ein. Unsere Spieler können sich in der Schule wesentlich besser konzentrieren. Ich hatte mit 14 oder 15 keine Konzentrationsübungen. Im Fußball wurde ja früher noch mehr Blödsinn gemacht, als in der Schule. Um mal ein Beispiel zu geben: Wir haben ein U14-Spieler, der in zwei Jahren 170 Mal im Footbonaut trainiert hat. Er hat aktuell einen Leistungsstand wie ein besserer U23-Spieler. Mit diesen Erkenntnissen, können wir viel gezielter trainieren und die Trainingsmethoden hinsichtlich der Effektivität beurteilen.
Blicken wir in die Zukunft. Wohin läuft Hoffenheim hinsichtlich der Digitalisierung?
Der ganze Bereich entwickelt sich so schnell. Wohin die Reise letztlich hingeht, wissen wir ja nicht. Was die Trainingsmöglichkeiten anbelangt, haben wir noch viel in der Pipeline. Es geht auch vielleicht um die Frage, wie wir unsere Mitarbeiter und Spieler entwickeln können. Ich möchte aber nicht, dass die Digitalisierung so weit geht, dass wir uns irgendwann fernsteuern lassen. Die klassische Art des Fußballs soll doch bitte erhalten bleiben.
Und glauben Sie persönlich, dass wir schon bald noch mehr Digitalisierung auf dem Platz erleben werden (Videobeweis etc.)?
Ich bin ein moderner Fußballromantiker. Ich finde die Torlinientechnologie notwendig. Der Fußball wird schneller und dementsprechend sollen die Schiedsrichter unterstützt werden. Ich bin zwar nicht von einer Technologie abgeneigt, wenn es um den Videobeweis geht. Allerdings würde ich es erst einmal bei der Torlinientechnologie belassen.