So gut wie heute war die Stimmung in Kadıköy sehr lange nicht mehr. Ein 2:0 gegen den Erzrivalen ist zwar immer schön, die Art und Weise, wie man den ungeliebten Nachbarn in die Schranken wies, sorgt allerdings für die größte Freude. Das hat viel mit einem Spieler zu tun, der aktuell keine Rolle mehr spielt.
Es ist müßig zu überlegen, wie das Derby ausgegangen wäre, wenn Mesut Özil noch zum Kader der "Kanarienvögel" gehören würde. Der Blick auf den aussortierten Weltmeister erscheint auch erstmal unfair, da Özil längst nicht so schlecht war, wie er nun im Nachhinein von einigen Experten gemacht wird und auch seine Leistung im Hinspiel gehörte insgesamt zu seinen besten in Gelb und Marineblau.
Özil spielt in dieser Betrachtung dennoch eine Rolle, da sich durch sein Ausscheiden der gesamte Ansatz bei Fenerbahçe geändert hat. Mit dem Zehner war die Taktik auf Technik und Ballbesitz ausgelegt. Das funktionierte mal mehr und mal weniger, war vor allem aber immer abhängig von der Form des Kapitäns. Hatte Özil einen guten Tag, profitierten davon auch seine Nebenleute. Lief es beim Mittelfeldspieler schlechter, fiel das gesamte Team ab, auch weil es sich hinter dem Topstar versteckte.
Schlüsselspieler Yandaş
Nun ist Özil (vorerst) Geschichte in Istanbul und Trainer Kartal hat Stück für Stück seine Herangehensweise geändert. Statt des Edel-Technikers, der immer für einen Geniestreich gut ist, dafür aber auch bei gegnerischem Ballbesitz schöpferische Pausen einlegt, besteht das Mittelfeld jetzt aus Arbeitern. Mit Crespo, Zajc, Yandaş und Mittelstürmer Dursun setzt sich das gesamte Zentrum aus Spielern zusammen, die im Zweifel eher zu rustikalen Mitteln greifen. Am deutlichsten wird das am Beispiel des türkischen Mittelfeldspielers. Nominell mag Mert Hakan Yandaş auf Özils Zehn spielen – da hören die Gemeinsamkeiten aber auch auf. Der 27-Jährige gibt quasi den Abräumer vor den Sechsern und setzt die gegnerischen Verteidiger permanent unter Druck. Zwar schießt er dabei manchmal über das Ziel hinaus und bewegt sich gefühlt immer am Rande der Roten Karte wegen Meckerns, gegen Galatasaray war sein Einsatz aber der Schlüssel zum Erfolg. Das muss eine riesige Genugtuung für den oftmals (zu) heftig kritisierten Spieler sein.
Auch seine Nebenleute, inklusive der eigentlich technisch hochbegabten Rossi und Kahveci, grätschen, tacklen und schuften für das gesamte Team. Dabei sollte natürlich nicht verschwiegen werden, dass all die genannten Akteure durchaus auch über eine starke Ballbehandlung verfügen und bei Bedarf durchaus einen gut getimten Chipball oder einen Steckpass einschieben können. So fielen schließlich auch die Tore gegen Galatasaray. Sie vernachlässigen dabei aber eben auch nicht die Arbeit und das führt aktuell zum Erfolg. So lässt sich auch erklären, dass Spieler wie Sosa, Pelkas oder auch Güler aktuell nicht in der Startelf stehen. In Kadıköy wird Fußball im Moment in erster Linie gearbeitet und der Erfolg gibt der Taktik recht.