Beşiktaş-Taktikanalyse: Neuzugänge bringen offensive Variabilität!

Die Transfers von Ciro Immobile und Rafa Silva zu Beşiktaş wurden ob der Kostspieligkeit ihrer Verträge durchaus kritisch beäugt. Man stellte sich die Frage, ob die beiden Angreifer ihre hochdotierten Arbeitspapiere wirklich wert seien. Nach den ersten Eindrücken muss man sagen: Eindeutig! 

Nach der vor allem in der Süper Lig enttäuschenden vergangenen Saison – der Pokalsieg konnte ein wenig über einen schwachen sechsten Platz in der Liga hinwegtäuschen – ist man bei Beşiktaş in der bisherigen Transferphase in die Offensive gegangen und hat prominente Spieler nach Istanbul gelockt, um mit ihrer Hilfe in den Meisterschaftskampf eingreifen zu können. Die aufregendsten Neuzugänge waren dabei die beiden Angreifer Ciro Immobile und Rafa Silva, die man nur mit sehr kostspieligen Verträgen zu sich locken konnte. Doch bislang muss man festhalten, dass die beiden halten, was man sich von ihnen versprochen hatte.

Beşiktaş mit Traumstart in die neue Saison 

Bislang sind zwar nur fünf Pflichtspiele in der neuen Saison absolviert, doch fällt auf, dass Beşiktaş mit bemerkenswertem Schwung in die neue Spielzeit gestartet ist. Angefangen mit dem überragenden 5:0 im Super Cup gegen Meister Galatasaray hat man auch in der Liga und der Europa-League-Qualifikation einen tollen Start erwischt, blieb in allen Partien ungeschlagen und wusste vor allem durch ein spektakuläres Offensivspiel zu überzeugen. Mittendrin: Ciro Immobile und Rafa Silva.

Ciro Immobile und Rafa Silva an 13 Toren direkt beteiligt 

In den bisher fünf Pflichtspielen konnten die "Schwarzen Adler" 19 Tore erzielen. 13 Scorerpunkte gehen dabei aufs Konto der beiden prominentesten Neuzugänge. Während Ciro Immobile im Stile eines echten Goalgetters sechs Tore erzielen konnte – das einzige Spiel, in dem der Italiener nicht traf war der 2:0-Auswärtssieg bei Samsunspor – agiert Rafa Silva eher als eine Art verkappter Spielmacher, der so immerhin vier Treffer und dazu noch drei Vorlagen beisteuern konnte.

Spielsystem klassisch aber variabel

Der Impakt der beiden Stars ist tatsächlich nicht nur auf dem Papier erkennbar, auch auf dem Platz lässt sich dieser wunderbar feststellen. Unter dem neuen Trainer Giovanni van Bronckhorst spielt Beşiktaş nominell in einem auf energisches Gegenpressing ausgelegtes 4-2-3-1-System, im Ballbesitz allerdings sind die Positionen deutlich variabler.

Grafik: LIGABlatt

So lässt sich Immobile gerne fallen, während Semih Kılıçsoy und Milot Rashica von außen in den Strafraum einrücken und sich wieder zurückziehen, um gegnerische Abwehrspieler herauszulocken. Dies nutzt dann Rafa Silva, um mit klugen Steckpässen den in die Spitze startenden Ciro Immobile zu bedienen, was auf diese Weise schon zu mehreren Toren geführt hat.

Grafik: LIGABlatt

Durch Unterstützung aus dem Mittelfeld mit Überzahl im gegnerischen Strafraum 

Wenn sich dann noch Gedson Fernandes mit einschaltet und dafür seine Position auf der Doppelsechs verlässt, ist dies kaum zu verteidigen. Vor allem in den Europa-League-Qualifikationsspielen fiel dies auf, wo der Portugiese auf Zurufen seines Trainers immer wieder durch Tiefenläufe die Offensive unterstützte. Der feine Fuß eines Rafa Silva und die klugen Bewegungen eines Ciro Immobile, der durch seine Läufe gleich mehrere Gegenspieler binden kann, kommt es auf diese Weise zu vielen Torchancen und auch zu Treffern.

Spielsystem künftig mit zwei Stürmern? 

Spannend zu sehen wird sein, wie sich die beiden Außenstürmer Semih Kılıçsoy und Milot Rashica in Zukunft darin integrieren werden. Werden sie weiterhin vor allem für Räume sorgen oder werden sie nach und nach auch mehr in den Strafraum einrücken, um zusätzliche Anspielmöglichkeiten zu bieten und dann schnell den Abschluss zu suchen. Gerade Kılıçsoy hat in der abgelaufenen Saison gezeigt, dass darin seine größte Stärke liegt.

Grafik: LIGABlatt

Bereits bisher deutete sich an, dass Semih Kılıçsoy immer wieder unterstützend einrückte, während Rafa Silva nach links auswich. Sollte sich diese Spielweise verfestigen, bedeutet dies, dass Beşiktaş im Ballbesitz eher mit einem 4-2-2-2 oder – sollte sich Gedson Fernandes Offensiv mehr einbringen – mit einem 4-1-3-2 spielt. Gerade letzteres Spielsystem ist schwer umzusetzen, da es hierfür eines sehr spielintelligenten Sechsers bedarf, der klug Räume zustellen und die eigene Defensive unterstützen kann.

Grafik: LIGABlatt

Schwächen in der defensiven Zuordnung 

Bislang hat der 16-malige türkische Meister in fünf Spielen auch sechs Gegentore hinnehmen müssen, da die defensive Zuordnung noch nicht ganz sattelfest war. Sollte sich diese Stellschraube aber beheben lassen – eventuell noch durch eine Verstärkung in Person eines defensiven Mittelfeldspielers – stehen die Karten nicht schlecht, dass Beşiktaş im Meisterschaftsrennen nicht nur ein leises Wörtchen mitreden könnte.

Foto: Ahmad Mora / Getty Images