Es gab zwar mehrere (vermeintliche) Starverpflichtungen zu Beginn der letzten Saison, die größten Hoffnungen der Beşiktaş-Fans lag allerdings auf Mittelstürmer Michy Batshuayi. Am Ende war der Belgier zwar mit Abstand der beste Torjäger, blieb aber zu unbeständig und hatte keinen Herausforderer. Diesen Fehler will man nicht mehr wiederholen. Nominell finden sich nun gleich vier gelernte Mittelstürmer im Kader der "Schwarzen Adler".

Zusätzlich zu Kenan Karaman wurden in den letzten Wochen mit Cenk Tosun, Wout Weghorst und Jackson Muleka gleich drei neue "Neuner" verpflichtet. Droht nun also nach der teilweisen Flaute ein großes Gedränge?

Die Antwort aus der Ferne und vor Beginn der Saison lautet eher nein. Das ist der Spielidee von Valérien Ismaël geschuldet. Der Trainer möchte mit einer Dreierkette spielen und setzt vorne auf Variabilität. In seinen bisherigen Spielen probierte er je nach Gegner und Spielsituation zwei Optionen: Einerseits gab es den klassischen Dreiersturm mit einer Spitze und zwei Flügelspielern, andererseits baute er auf eine Doppelspitze mit Zehner. Während Rachid Ghezzal die Zuspiele aus der Mitte übernehmen sollte, warteten in vorderster Front ein klarer Neuner und eine hängende Spitze auf die Bälle. So zumindest die Theorie. Mit den damals vorhandenen Spielern ging diese Idee nämlich nur sporadisch auf.

Weghorst und Muleka wohl gesetzt

Das könnte sich nun allerdings ändern. Betrachtet man die vier Mittelstürmer nämlich genauer, ergibt sich ein etwas differenzierteres Bild. Als klarer Fixpunkt ist Wout Weghorst eingeplant. Der Niederländer ist mit seinen 1,97 Metern ein klassischer Strafraumstürmer. Bälle festmachen, Abschlüsse suchen und den Kopf in die Flanken halten, so werden seine vornehmlichen Aufgaben lauten. Neben ihm könnte Muleka zum Einsatz kommen. Der Kongolese ist kleiner und wuseliger. "Neben" bedeutet in diesem Fall auch, dass der 22-Jährige zwischenzeitlich auf den Flügel ausweicht und als Gegenpart von Ghezzal oder dem verletzungsanfälligen Georges-Kévin N’Koudou fungiert und so die typische Dreierbesetzung herstellt.

Kenan Karaman kann dazu theoretisch alle Positionen in der Offensive bekleiden, lieferte in seiner Debütsaison allerdings wenige Argumente für einen Platz in der Startelf. Cenk Tosun als Vierter im Bunde ist dazu die absolute Wundertüte. Die Fans der "Schwarzen Adler" wissen zwar noch sehr genau, wozu der ehemalige Nationalstürmer im Stande ist, Tosun hat aber eine erneute Saison zum Vergessen hinter sich. Auch durch zwei (weitere) schwere Verletzungen stand er insgesamt in drei Einsätzen nicht einmal eine Viertelstunde auf dem Platz. Er ist daher in Istanbul höchstens als Edeljoker eingeplant und hofft seinerseits in vertrauter Umgebung wieder zu alter Stärke zu finden.

Das vermeintliche Gedränge im Sturmzentrum entpuppt sich also aktuell eher als vielversprechende Weiterentwicklung, die vielleicht sogar noch einen weiteren Baustein vertragen könnte, und ist ansonsten auf die Bedürfnisse des Trainers zugeschnitten. Nun müssen Ismaël und seine Stürmer liefern.