Am Ende war es ein beinahe lautloser Abschied. In einer kleinen Presskonferenz verkündeten Ali Koç und Volkan Demirel das Ende der Zusammenarbeit. Überraschend war diese Trennung zwar nicht mehr, trotzdem geht eine Ära zu Ende.
Seit 2002 gehörte der Mann aus Istanbul nach Kadıköy und hütete über viele Jahre das Tor der "Kanarienvögel". "Mister Fenerbahçe" wurde nicht nur zum Stammkeeper bei seinem Herzensverein und zum Nationaltorwart (63 Spiele), sondern schaffte es sogar, den großen Rüştü Reçber zu beerben. Schier unglaubliche 523 Spiele absolvierte Demirel und feierte fünf Meisterschaften sowie zwei Pokalsiege. Anders als andere Helden im gelb-marineblauen Dress war der Torwart aber eigentlich nie unumstritten. So gut auch über lange Strecken seine Leistungen waren, so sehr eckte er mit einigen Ausrastern an. Seine Scharmützel mit Felipe Melo oder der Streit mit Galatasaray-Fans vor einem Länderspiel sorgten immer wieder für Kopfschütteln, auch wenn längst nicht in jedem Fall Demirel der alleinige Schuldige war. Während Alex oder auch Emre Belözoğlu in der jüngeren Geschichte zu absoluten Helden bei Fenerbahçe wurden, schwang bei Rekordspieler Volkan immer auch Kritik mit. Bereits das Ende seiner Spielerkarriere war eigentlich unwürdig. Unter Phillip Cocu stand er in der Saison 18/19 zunächst auf dem Feld, wurde dann auf die Bank gesetzt, suspendiert, von Ersun Yanal begnadigt, wieder auf die Bank gesetzt, gesperrt und durfte dann schließlich ein letztes Mal am letzten Spieltag seine Mannschaft als Kapitän auf das Feld führen. Dafür dass das Tischtuch trotzdem zerschnitten war, hatte der streitbare Torwart zumindest mit gesorgt.
Trennung ist richtig, aber nicht ohne Risiko
In der Folge wurde es ruhiger um den Volkan, auch weil er selbst ruhiger wurde. Er machte seine B-Lizenz und rutschte schließlich ins Trainerteam Fenerbahçes. An der Seitenlinie sahen die Fans plötzlich einen anderen Volkan Demirel. Er wirkte häufig beruhigend auf seine Vorgesetzten ein und versah seinen Dienst abseits des Rampenlichts. Das Angebot, auch unter Vítor Pereira weiter bei "seinem" Verein zu arbeiten, lehnte er nun allerdings ab. Vermutlich ist auch dem langjährigen "Kanarienvogel" klar, dass er nun zeigen muss, dass er auch ohne die Wohlfühloase Kadıköy funktioniert. Auch aus Sicht Fenerbahçes ist die Trennung nachvollziehbar, zeigt sie doch, dass man wirklich gewillt ist, einen Neuanfang zu wagen. Die Trennung von Emre und auch die jüngste Verabschiedung von Gökhan Gönül waren bereits Schritte in diese Richtung. So richtig diese Entscheidungen rein sportlich sein mögen, die Schwierigkeit, nun neue Identifikationsfiguren zu finden, sollte nicht unterschätzt werden. Bei Fenerbahçe bricht eine neue Ära an. Jetzt benötigt man Personen, die diese auch verkörpern.