Das türkische Spitzentalent Arda Güler wechselt allem Anschein nach zu Real Madrid. Doch ist das wirklich ein kluger Karriere-Schritt? Passt Arda überhaupt fußballerisch zu den "Königlichen" und wie sieht es dort mit der Konkurrenz aus? In dieser Spieler- und Teamanalyse gehen wir dem Wechsel aus sportlicher Sicht auf den Grund. Eine Analyse von LIGABlatt-Readakteur Ove Frank.
Youngster Arda Güler glich in den letzten Wochen einer Achterbahnfahrt: Zunächst hieß es, Fenerbahçe werde alles dafür tun, um das Eigengewächs zu halten. Dann schien es, der FC Barcelona würde den Zuschlag bekommen. Und am Schluss kam noch einmal der ultimative Twist, wonach Arda stattdessen zum Erzrivalen der Katalanen, nämlich zu Real Madrid, wechseln werde. Während sich viele Fans und Experten bereits gefragt haben, ob Arda zu Barca eine gute Idee sei, herrscht nun nur noch größeres Kopfkratzen. In puncto Mittelfeld gibt es wohl keinen anderen Verein auf der Welt, der nicht nur in der Spitze, sondern vor allem auch in der Breite so hochkarätig aufgestellt ist wie die "Königlichen": Modrić, Kroos, Bellingham Valverde, Camavinga, Tchouaméni – wie soll sich der 18-Jährige gegen diese Konkurrenz durchsetzen? Schauen wir uns doch zunächst einmal Ardas sportliches Profil an.
Arda Güler – Stärken und Schwächen eines Supertalents
Wer den türkischen Fußball verfolgt, der kann praktisch nicht nicht mitbekommen haben, was für ein herausragendes Talent Arda Güler ist. Technisch kann es kaum ein anderer Spieler in der Süper Lig mit ihm aufnehmen, sein linker Fuß ist zu wahren Kunststücken in der Lage und zudem besitzt der Junge über eine herausragende Übersicht, wenn es darum geht, seine Mitspieler einzusetzen. Diese Attribute sorgten gerade in Spanien für viele Vergleiche mit dem ehemaligen Real-Spielmacher Mesut Özil. Özil ist hierbei auch das richtige Stichwort, denn genau wie der Weltmeister von 2014 spielt auch Arda am liebsten im offensiven Mittelfeld, mit Vorliebe auf der Zehnerposition. Von dort aus hat er die Möglichkeit, sich situativ fallen zu lassen oder auf den Flügel auszuweichen, um seinen Mitspielern Räume zu ermöglichen. Auf diese Weise hat Arda die Chance, auf vielfältige Art und Weise ins Spiel einzugreifen und dem Geschehen seinen Stempel aufzudrücken.
Was Ardas Schwächen angeht, so gibt es natürlich noch einige Bereiche, in denen sich der 18-Jährige noch steigern kann. Auch wenn das Fenerbahçe-Juwel über eine herausragende Technik verfügt, so fehlt es ihm letztlich aber doch an der Endgeschwindigkeit. Arda ist kein Sprinter, sondern ein Dribbler, der lieber versucht, sich mit dem Ball am Fuß durch seine Gegenspieler hindurchzumogeln, anstatt diese zu überlaufen. Außerdem muss der Junge auch körperlich noch etwas zulegen. Bislang fällt Arda noch zu leicht und hat Schwierigkeiten damit, sich im Zweikampf gegen robuste Spieler zu behaupten. Defensiv findet er kaum statt, sondern konzentriert sich rein auf seine offensiven Aufgaben als Spielmacher. Dies sind vor allem die Gründe, warum viele Experten meinen, dieser Schritt zu einem absoluten internationalen Top-Klub käme noch zu Früh – am Talent mangelt es dem Jungen definitiv nicht.
Passt Arda Güler spielerisch zu Real Madrid?
Betrachtet man die spielerische Ausrichtung von Real Madrid in den letzten Jahren, so ist hier auf dem ersten Blick keine wirklich passende Rolle für Arda zu finden. Real spielt typischerweise in einem 4-3-3-System mit einem klaren defensiven Sechser und zwei Achtern davor im Halbfeld. Dies ist zumindest die Ausrichtung gegen den Ball. Im Ballbesitz hingegen ist Real merklich variabler: Mal lässt sich der Stürmer (in den letzten Jahren Karim Benzema) fallen, die beiden Flügelspieler ziehen situativ in die Mitte, während die Außenverteidiger aufrücken, der Sechser lässt sich dann zwischen die Innenverteidigung fallen, mal bleibt Kroos demonstrativ eher hinten, sodass er mit dem defensiven Mittelfeldspieler eine Doppelsechs bildet, während sich Modrić vorne einschleust und den Spielmacher mimt. Diese Rolle im rechten Halbfeld könnte unter diesen Voraussetzungen durchaus zu Arda passen, da er dann eher als Zehner, der auf den rechten Flügel ausweichen kann fungiert, denn als klassischer Achter. Dennoch müsste er mehr ackern und mehr die Zweikämpfe suchen als er es bei Fenerbahçe zuletzt getan hat. Von der Grundstruktur her passt Arda allerdings weniger zu Real.
Vom Profil her passt Arda Güler besser zum FC Barcelona
Beim FC Barcelona würde es spielerisch allerdings anders aussehen: Dort spielt man zwar auch im 4-3-3, ist allerdings insgesamt deutlich variabler und die Achter genießen größere Freiheiten. Zudem setzt man bei den Katalanen mehr auf ein schnelles Kurzpassspiel und auf Bewegungen im engsten Raum, was genau Ardas Stärken entspricht. Real wiederum setzt eher auf ein situatives Umschaltspiel und auf klarere Flügelverlagerungen mit langen Diagonalbällen, was Arda weniger liegt, der bei langen Pässen lieber von hinten den Strafraumstürmer mit Chipbällen füttert. Bei Barca gibt es mit Gavi bereits einen Spieler, der Arda vom Profil her sehr ähnelt. Auch er ist technisch stark, bewegt sich gut im engen Raum, mag das Kurzpassspiel und weicht gerne auf den Flügel aus. Vom Prinzip her, müsste Barca also nicht viel umstellen, um Arda einzugliedern. Er müsste allerdings auch hier körperlich etwas zulegen und seine Defensivqualitäten verbessern, um eine echte Chance auf Spielzeit haben zu wollen.
Persönliche Einschätzung von LIGABlatt-Redakteur Ove Frank
Fragt man mich, ob der Wechsel von Arda zu Real fußballerisch eine gute Idee ist, lautet meine Antwort ganz klar: "Nein!" Sowohl was die Konkurrenzsituation angeht als auch vom Spielstil her ist Real Madrid nicht die beste Lösung für Arda Güler. Selbst wenn Kroos und Modrić nach der kommenden Saison nicht mehr für Real auflaufen sollten, wird es für Arda extrem schwer werden, sich vor allem hinter Bellingham und Valverde auf den Achterpositionen durchzusetzen. Beide bieten einfach das deutlich komplettere Paket und haben sich bereits länger auf hohem Niveau beweisen können, während Arda bislang lediglich auf anderthalb Profisaisons in der Süper Lig zurückblicken kann. Ich hätte ihm geraten, noch mindestens ein Jahr bei Fenerbahçe zu bleiben und zu reifen, um dann bei einem Klub, wie Borussia Dortmund oder der AS Monaco den nächsten Schritt zu machen. Arda ist dieses Jahr gerade einmal 18 Jahre alt geworden. Fußballerisch bringt er zwar alles mit, er muss aber unbedingt noch wachsen – körperlich wie auch mental. Dieser Schritt ist aus sportlicher Perspektive nicht wirklich gut. Arda wird wohl wenig spielen und das beste, worauf er hoffen kann, ist es, von den alten Haudegen Modrić und Kroos viel zu lernen, ehe diese dann ihren Hut nehmen. Spielerisch passt Arda von seinen Voraussetzungen zwar besser nach Spanien als nach England oder Italien, Real ist aber aktuell einfach nicht die richtige Adresse.