Nachdem es im letzten Jahr mit Ersin Destanoğlu immerhin noch ein Türke in die Auswahl zum Golden-Boy-Award geschafft hatte, sucht man Türken in diesem Jahr vergeblich. Das sollte den Vereinen und vor allem auch dem Verband, der immerhin bei der EM den jüngsten Kader ins Rennen schickte, zu denken geben.
Seit 2003 vergibt die italienische Sportzeitung "Tuttosport" jährlich den Golden-Boy-Award. Ausgezeichnet wird der beste U21-Spieler Europas und zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderem Lionel Messi, Kylian Mbappé, zuletzt Pedri und mit Mario Balotelli sogar ein Profi aus der Süper Lig. Diese sucht man in diesem Jahr allerdings vergeblich. Weder türkische Spieler, noch Legionäre aus der Süper Lig tauchen in den Top 100 auf. Nun kann man natürlich argumentieren, dass individuelle Auszeichnungen in einem Mannschaftssport immer eher seltsam sind. Man kann das Fehlen türkischer Profis auch darauf schieben, dass die Süper Lig für die italienischen Sportmedien eher nicht im Fokus stehen. Ehrlicher und gesünder wäre es allerdings, zumindest zusätzlich das Fehlen des türkischen Nachwuchses als weiteres Indiz zu werten, wie tiefgreifend die Probleme des heimischen Fußballs sind. Sei es das peinliche Abschneiden der Nationalelf bei der EM, die reihenweisen Bankrotterklärungen der türkischen Vereine in den europäischen Wettbewerben oder eine weitere Saison, die weniger durch sportliche Höhepunkte und eher durch Verschwörungserzählungen, Schiedsrichterkritik und unverständliche Entscheidungen des Verbands bestimmt wurden.
Kaum Vertrauen in die Jugend
Natürlich ist der Award nicht das entscheidende Kriterium, dass allerdings trotz Ausländerregelung kein Türke zu den 100 größten Talenten gezählt wird, während teilweise Spieler berücksichtigt werden, die in der Jugendauswahl ihres deutschen oder englischen Mittelklassevereins nicht zum Stamm zählen, könnte man aber dennoch als Fingerzeig werten. Der türkische Fußball muss sich deutlich mehr auf seine Nachwuchskräfte konzentrieren und dabei weg von den ewigen und ermüdenden politischen Ränkespielen auf Kindergartenniveau. Mit Arda Güler, Emirhan İlkhan, Ahmetcan Kaplan, Emre Demir und Co gibt es einige Spieler, die bereits auf Profiniveau ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt haben. Mehr Vertrauen in die Jugend wäre angebracht – nicht für irgendeinen Award, sondern für den türkischen Fußball.
Foto: Martin Rose/Getty Images for DFB