Galatasaray will als amtierender türkischer Meister diesen Titel natürlich in der kommenden Saison wieder verteidigen. Um an den Ambitionen des Rekordmeisters auch überhaupt keine Zweifel aufkommen zu lassen, hat man in diesem Sommer kräftig investiert und große Namen geholt, aber reicht das für eine meisterfähige Mannschaft? In unserem Kadercheck werfen wir ein kritisches Auge auf alle Mannschaftsteile und kommen am Ende zu einem Fazit. 

Auch wenn der große Stadtrivale Fenerbahçe in diesem Sommer bislang mehr Geld investiert hat als Galatasaray – fast 50 Millionen Euro haben die "Kanarienvögel" investiert, allerdings auch eine vergleichbare Summe wieder eingenommen – erweckt aber der türkische Rekordmeister eher den Eindruck, mit Geld um sich zu werfen als die Konkurrenz. Dies liegt zum einen daran, dass man bislang durch Transfers zumindest deutlich weniger eingenommen als ausgegeben hat – die Einnahmen aus der Champions-League-Qualifikation dürfen allerdings nicht vergessen werden – und zum anderen auch daran, welche Spieler man geholt hat und welche Namen mit den "Löwen" in Verbindung gebracht werden. Nachdem man Spieler wie Mauro Icardi, Wilfried Zaha, Kerem Demirbay, Angeliño oder Tetê geholt hat, war zuletzt auch die Rede von großen Namen wie Hakim Ziyech oder Welt- und Europameister Sergio Ramos. Schauen wir doch mal, ob die Gelb-Roten mit den prominenten Neuzugängen eine schlagfeste Truppe beisammen hat und tatsächlich Favorit für die türkische Meisterschaft ist.

Tor 

Man wäre fast geneigt zu sagen "Im Tor bleibt bei Gala alles wie immer", doch das stimmt nur so halb: Zwar ist Kapitän und Vereinslegende Fernando Muslera noch immer die klare Nummer eins bei den "Löwen", doch wird dies wohl die letzte Saison des Uruguayers im Galatasaray-Dress sein, weshalb man sich allmählich mit der Nachfolge des 37-Jährigen beschäftigt. Für den Fall, dass Muslera mal ausfallen sollte, hat man vorgesorgt und mit Günay Güvenç einen erfahrenen und zuverlässigen Keeper aus Gaziantep verpflichtet. Diese Saison wird dieser hinter Muslera zwar nur die klare Nummer zwei sein, allerdings darf sich der 32-Jährige Hoffnungen auf den einen oder anderen Einsatz machen, um diesen als Übergangstorwart in der Saison 2024/25 nicht komplett ins kalte Wasser zu werfen. Im Tor ist Gala zweifelsfrei gut besetzt – nicht herausragend aber gut genug.

Abwehr

In der Abwehr der "Löwen" dürfte sich in diesem Sommer noch einiges tun: Abwehrchef Victor Nelsson will gerne in eine höherklassige Liga wechseln und der 24-Jährige soll unbedingt noch zu Geld gemacht werden. Zuletzt gab es um den Dänen Gerüchte aus England. An seiner Statt soll allerdings noch mindestens ein erfahrener Innenverteidiger kommen, der den türkischen Rekordmeister auch mit internationaler Erfahrung in Europa weiterhelfen soll. Als präferierte Alternative gilt noch immer der spanische Rekordnationalspieler Sergio Ramos. Ansonsten ist man an sich allerdings solide aufgestellt: Kaan Ayhan und Abdülkerim Bardakçı bringen Erfahrung mit, während ein Emin Bayram sich noch entwickeln kann. Auf den Außenverteidigerpositionen hat man mit Angeliño und Sacha Boey das wahrscheinlich beste Außenverteidiger-Duo der Liga. Um sich allerdings defensiv noch etwas flexibler aufzustellen, wäre es sinnvoll, neben einem Ersatz für Nelsson noch einen weiteren Innenverteidiger mit Potenzial zu holen. Bei der aktuellen Personallage droht hier schnell Knappheit.

Mittelfeld 

Im Mittelfeld soll nun Kerem Demirbay an der Seite von Sérgio Oliveira und Fredrik Midtsjø das Spiel lenken, während Lucas Torreira dahinter abräumt. Da Torreira allerdings nominell der einzige namhafte Sechser im Kader ist, herrscht hier noch Nachholbedarf. Zuletzt hatte man hierfür den argentinischen Weltmeister Leandro Paredes im Blick gehabt, doch diesen zieht es zu dessen Ex-Klub zur AS Rom. Tut sich auf dieser Position in diesem Sommer nichts mehr, hätte Gala im Falle eines Torreira-Ausfalls ein Problem. Ob Gala auch noch auf der Zehnerposition etwas tun wird, erscheint fraglich: zuletzt hatte man Nicolò Zaniolo an Aston Villa abgegeben und auch Olimpiu Moruțan steht dem Vernehmen nach vor dem Absprung. Das Mittelfeld ist damit unterm Strich Galatasarays größte noch offene Baustelle und hier könnte und sollte sich demnach noch etwas ändern.

Sturm 

Die Offensive ist zweifelsohne Galas Prunkstück: Mit Mauro Icardi und Cédric Bakambu hat man zwei sehr abschlussstarke Mittelstürmer verpflichten können, auf den Außenpositionen mit Wilfried Zaha, Tetê und Kerem Aktürkoğlu gewaltig Qualität am Wirbeln sein wird. Zwischen alledem wird ein Dries Mertens umherschleichen und die nötige Spur Unberechenbarkeit ins Spiel der "Löwen" bringen, was trotz seiner inzwischen 36 Lenzen noch immer die herausragende Qualität des Belgiers ist. Abgesehen von der schwer zu greifenden Rolle von Mertens ist jede Position in der Offensive qualitativ gut doppelt besetzt. Um gegebenenfalls als Ersatz für Mertens verfügbar zu sein, wäre es vielleicht am sinnvollsten entweder einen weiteren flexiblen Offensivspieler zu holen, oder Olimpiu Moruțan zu behalten und eine Spur weiter offensiv einzusetzen, was dieser in der vergangenen Saison bei Pisa bereits gemacht hat.

Fazit 

Galatasaray hat definitiv einen meisterhaften Kader, allerdings mangelt es diesem noch ein Stück weit an Balance – da sind die großen Konkurrenten Fenerbahçe und Beşiktaş im Vergleich schon weiter. Besonders im Mittelfeld muss sich noch etwas tun. Neben einem weiteren Sechser wäre eine weitere offensivere Alternative wichtig, um auch hier die nötige Flexibilität zu besitzen und im Falle von Verletzungen oder Sperrungen Ersatz bei Hand zu haben, die keinen zu großen qualitativen Einbruch bedeutet. Sollte sich Victor Nelsson in der Tat für 20 Millionen Euro oder mehr verkaufen, sollte neben zwei Innenverteidigern noch ein Sechser und gegebenenfalls noch ein offensiver Mittelfeldspieler her, um den Kader als ganzes abzurunden – ansonsten droht der Fall, dass man sich an der heißen Transferphase dieses Sommers letztlich die Finger verbrennt. Bei diesen Investitionen, bei denen vor allem auch das Gehalt der Spieler einen wichtigen Faktor darstellt, ist der Gewinn der 24. Meisterschaft in dieser Saison eigentlich alternativlos.