LIGABlatt-Chefredakteur Fatih Şenel testete am Wochenende erneut ein AMG-Modell. Die Probefahrt mit der Plug-in-Hybrid-Limousine Mercedes-AMG E 53 HYBRID 4MATIC+ gestaltete sich als unterhaltsam und abwechslungsreich. Die Technik überzeugte insgesamt, wenngleich einige Details Verbesserungspotenzial bieten. Schlussendlich ist der Mercedes-AMG E 53 ein auffälliges Fahrzeug – allerdings zu einem beachtlichen Preis.
Großen Spaß hat der neue AMG am Wochenende definitiv gemacht. Die Limousine ist besonders in Schwarz ein echter Hingucker. Beim Einsteigen fühlt man sich wie in einer Lounge, wobei die vielen großen Bildschirme sofort die Blicke auf sich ziehen. Nach den persönlichen Konfigurationen kann die Ausfahrt starten. Die Mercedes-Assistenzsysteme sind ein Merkmal, welches man hier einmal mehr positiv hervorheben muss. Das Lenkrad in Nappa-Leder und Mikrofaser MICROCUT liegt sehr gut in der Hand, die Haptik ist angenehm. An kalten Tagen kann zudem die optionale Lenkradheizung eingeschaltet werden. Während der Fahrt fällt auf, dass das optionale Akustik-Komfort-Paket für deutlich mehr Ruhe im Innenraum sorgt. Im Modus SPORT+ ist die Beschleunigung des Kraftpakets erwartungsgemäß beeindruckend.
Zurückhaltend ist die Limousine in puncto Antrieb und Traktion keineswegs, jedoch werden andere Verkehrsteilnehmer nicht mehr gestört :). Knallgeräusche oder Fehlzündungen gehören der Vergangenheit an. So ist eben ein Hybrid konzipiert, und wer den Motorsound genießen möchte, kann den AMG Real Performance Sound nutzen – für meinen Geschmack jedoch etwas zu zahm. Insgesamt ist die Sportlimousine schwer (knapp 2.400 kg), elektrisch, aggressiv, verhalten im Sound und in Sachen Komfort ganz weit vorne. Wer Kurzstrecken elektrisch fahren möchte, dabei aber den leistungsstarken Verbrenner nicht missen will, trifft hier auf ein Fahrzeug, das Appetit macht.
✅ Die Beinfreiheit des Fahrers und Beifahrers nach links und rechts ist komfortabel. Auf langen Strecken neigt man dazu, die Beine voneinander etwas mehr auseinanderzuhalten. Daher sehr willkommen. Das Raumgefühl ist toll.
✅ Als Langstreckenfahrzeug eignet sich der E 53 im "Comfort"-Modus (sowie elektrisch) und mit den Fahrassistenzsystemen bestens. Das rein elektrische Fahren im Spannungsfeld des klassischen und brachialen 3,0-Liter-R6-Motors (449 PS) ist eine gute Gelegenheit, sich etwas zu entspannen. Fahrtechnisch macht die 2,4 Tonnen (!) schwere Limousine Spaß.
✅ Der zentrale Widescreen mit Beifahrerdisplay (MBUX Superscreen) ist natürlich in Verbindung mit der Ambiente-Beleuchtung ein Hingucker. Ablenken lassen sollte man sich während der Fahrt besser nicht.
✅ Die MBUX Augmented Reality Navigation ist sehr nützlich. Allen voran ist die VR/AR-Navigation an Ampeln oder Kreuzungen sehr praktisch.
✅ Die Projektionsfunktion der DIGITAL LIGHT Scheinwerfer ist eine weiter tolle Sache. Die Lichtprojektion von Führungslinien, Symbolen und Animationen auf der Fahrbahn hilft dem Fahrer abends/nachts. Warnsymbole und die Spotlight-Funktion (zur Hervorhebung von Fußgängern im Gefahrenbereich) erhöhen die Wahrnehmung des Fahrers. Die Lichtspiele nach dem Parken oder beim Einsteigen sind nette Gadgets.
✅ Weitere Funktionen und Ausstattungen, die mir persönlich gefallen haben: Hinterachslenkung, Sitzkühlung, Selfie- und Videokamera, Aktives Motorlager und AMG Hinterachs-Sperrdifferenzial elektronisch.
⛔ Mercedes ist gut beraten, das V8-Biturbo-Aggregat für hochpreisige Gefährte wieder ins Programm zu nehmen. Der natürliche Sound des Motors in Verbindung mit der Performance-Abgasanlage fehlen leider als Charaktermerkmal. Am Ende ein viel zu leises Fahrzeug. Die Soundgenerierung (AMG Real Performance Sound) ist aus meiner Sicht sehr gewöhnungsbedürftig. Das "Real" ist der Ton, der dazu im Motorraum/Ansaugbereich aufgenommen und im Innenraum über das Lautsprechersystem eingespielt wird.
⛔ Genug Stauraum ist aber aus meiner Sicht nicht vorhanden. Die klassische Ablage für die Sonnenbrille fehlt, das Netz im Fußraum ebenfalls. Die Pomodourtaschen hinter den Sitzen gibt es nicht einmal optional. Aufgrund der Batterie ist logischerweise der Kofferraum kleiner geraten. Das Stauraum-Konzept im Interieur sollte Mercedes überdenken.
⛔ Das Cockpit-Display (optional 3D) sollte mehr Design-Varianten als nur drei Versionen bekommen.
⛔ Der stolze Preis mit der vorhandene Ausstattung (knapp 140.000 Euro). Die Haptik und Materialien der Bedienelemente im Interieur (Sitzheizung, Sitzeinstellungen etc.) müssten für den Preis wesentlich hochwertiger anmuten. Das Gefühl der günstigen Plastik-Flächen bleibt leider.
⛔ Weitere Punkte, die verbessert werden könnten: Die flächenbündigen Türgriffe fallen im aktiven Zustand im Design etwas zu grob aus. Die Abrisskante ist ebenfalls zu offensiv gestaltet. Die Ambientebeleuchtung spiegelt in der Windschutzscheibe, auch wenn man Stufe 1 von 10 eingestellt hat.